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Kreisverband Pfaffenhofen

Markt Reichertshofen

 

Reichertshofen, eine uralte Siedlung an der Paar, wurde urkundlich erstmals um das Jahr 1100 erwähnt. Der Ort hieß damals noch Rih­cozhofa (zu den Höfen Richarts), demzufolge dürfte ein Mann dieses Namens mit seiner Burg und zwei Sedi‑ oder Mayrhöfen der Gründer dieser Siedlung gewesen sein.

Bis ins 14. Jahrhundert war Reichertshofen im Besitze eines Ortsadels, der Ritter von Rei­chertshofen. Ludwig von Reichertshofen, der letzte seines Stammes, erhielt 1330 von sei­nem Vater, Ludwig dem Bayern, als "ejus naturalis" den Besitz Reichertshofen.

Um 1400 wurde Reichertshofen Sitz eines Wittelsbachischen Amtes. Nachdem 1405 Ludwig der Gebartete von Ingolstadt Burg, Ort und Besitz Reichertshofen erworben hatte, ging alles nach seiner Niederlage gegenüber dem Herzog Heinrich von Landshut in dessen Besitz über. Von diesem Herzog erhielt Reicherts­hofen am 6.2.1449 das Marktrecht.

1505 wurde das gesamte Pflegeamt Reicherts­hofen im Zusammenhang mit der Gründung des Fürstentums „Junge Pfalz" oder "Pfalz Neu­burg" diesem zugeschlagen und 1522 Sitz ei­nes Landgerichtes, das schon an die zuvor be­standene Pflegsgerichtsbarkeit anknüpfte. Es umfaßte ein großes Gebiet mit 14 Dörfern und zwei Hofmarken. Zu Reichertshofen gehörten damals: im "oberen Gericht" Zuchering, Win­den, Hagau und Lichtenau, im "unteren Ge­richt" Manching, Oberstimm, Niederstimm und Pichl, und schließlich im "mittleren Gericht" Ebenhausen, Baar, Gotteshofen und Starkertshofen, abgesehen vom Markt Reichertshofen selbst, sowie, das heutige Gurnöbach (Pfalzdörfel) im damaligen Landgericht Pfaffen­hofen/Ilm und die Hofmarken Stockau und Brautlach.

1777 kam für Reichertshofen und die dazuge­hörenden Gebiete des Landgerichtes Rei­chertshofen, infolge der Vereinigung der bei­den Linien Bayern und Pfalz, die Rückkehr zu Bayern, wenn auch Reichertshofen vorläufig noch zum Landgericht Neuburg/Donau im Kreis Schwaben gehörte.

1897 kam dann der Markt Reichertshofen und das einstige Landgerichtsgebiet zu Oberbayern und damit zum späteren Landkreis In­golstadt.

Der Umstand, dass man schon um 1400 Rei­chertshofen als Sitz eines Pflegeamtes aus­wählte und die wenig später erfolgte Verlei­hung des Marktrechtes, brachte es mit sich, dass Reichertshofen sich zu einem Zentrum in­mitten der vielen umliegenden kleineren Orte entwickelte, zu einem Mittelpunkt, in dem über Jahrhunderte Handwerk, Gewerbe und Indu­strie bis in unsere Zeit hinein dominiert. Der Markt überstand Kriegs‑ und Hungersnöte, Brandschatzungen und Seuchen, wenngleich die Auflösung des Landgerichtes Ende des 18. Jahrhunderts dem Ort eine nicht zu unterschät­zende Einbuße brachte.

Aus dem einstigen Gericht war den Reicherts­hofenern lediglich die Hofmark Stockau geblieben. Hier erbaute 1572 Kaspar Griebel, Pfleger von Reichertshofen und Pfalzneuburgischer Landschaftskommissär, bei der "Stockmühle" ein Schloß. Herzog Philipp von Pfalz Neuburg verlieh Griebel für die Stockau die Hofmarksgerechtigkeit. 1636 erwarb Philipp de Milkau, ein reicher niederländischer Kaufmann, von Herzog Philipp Wilhelms Sohn und Nachfolger, Herzog Wolfgang Wilhelm von Neuburg, die Hofmark Stockau mit Schloß. Sein Schwiegersohn, der berühmte Maler, Kupferstecher und Kunstschriftsteller, Joachim von Sandrat, erbte 1644 den stolzen Besitz, der im Dreißigjährigen Krieg gebrandschatzt wur­de, doch von Sandrart bis 1657 wieder aufge­baut wurde. 1660 erwarb sein Freund, der kur­bayerische geheime Rat, Freiherr Franz von Mayr, den Besitz und richtete hier im Stockauer Schloß eine der wertvollsten Gemäldesamm­lungen ein, die sich seinerzeit in Privatbesitz befanden. Bis zum Abbruch des Schlosses Stockau um 1849, das sich damals in privatem Besitz befand, besaßen es zwischenzeitlich seine hochfürstliche Durchlaucht Herzog Albrecht Sigmund Bischof zu Freising und Re­gensburg, die Jesuiten von Ingolstadt und spä­ter diente Schloß und dazugehöriger Besitz als Kommende des Malteser Ordens.

Der allgemeine wirtschaftliche Aufschwung nach 1948 brachte es mit sich, dass auch Hand­werk, Gewerbe und Industrie im Markt Rei­chertshofen neue Impulse erhielt und sich der Ort selbst durch die Ausweisung vieler Bau­gebiete sowie eines Industrie‑ und Gewerbe­gebietes, durch Erweiterung der ortsansässi­gen Industrie ‑und Gewerbegebiete, durch den Sitz der Hauptschule und vieler öffentlicher Ein­richtungen zu einem neuen Mittelpunkt in­mitten der umliegenden Orte herauskristalli­sierte. Inzwischen zum Kleinzentrum im Rah­men der bayerischen Landesplanung auser­sehen, gingen die Jahre 1971 und 1972 als besondere Marksteine in die Reichertshofener Geschichte ein.

Am 1. Mai 1971 schloss sich die Nachbarge­meinde, die "Dreibrückengemeinde" Gotteshofen dem Markt an. Die einzelnen Ortsteile, die alle schon um 1200 erstmals urkundlich genannt wurden, wie Gotteshofen (Gotenshoven) und Starkertshofen (Starhoiteshoven), gehörten ohnedies jahrhundertelang zum ein­stigen Gericht Reichertshofen, nur der Ortsteil Wolnhofen (Wolvenhoven) machte eine Aus­nahme, er gehörte immer dem bayerischen Gebiet zu und kam erst jetzt endgültig zu Rei­chertshofen, während bei den anderen vorer­wähnten Ortsteilen schon zuvor eine kirchliche und schulische Bindung zum Markt bestand.

Während 1972 im Zusammenhang mit der Gebietsreform in Bayern, nach Auflösung des bisherigen Landkreises Ingolstadt, der Markt Reichertshofen zum Landkreis Pfaffenhofen/Ilm kam, vollzog sich am 1. Juli 1972, durch die Eingemeindung der östlichen Nachbarge­meinden Hög, Langenbruck und Winden am Aign, die Bildung der Großgemeinde Reicherts­hofen. Die Einwohnerzahl des Marktes ver­größerte sich von rund 2400 Einwohnern auf 5500 Einwohner, die Gemarkung vergrößerte sich von ursprünglich 719 ha auf nunmehr 3617 ha. Nachbargemeinden die schon längst auf dem Markt Reichertshofen orientiert waren, schlossen sich aus vernünftigen Erwägungen heraus dem Markt an.

Hög (Heg oder Hoeg ‑ Umfriedung, Hecke), schon um 1200 urkundlich erwähnt, gehörte einst dem Geschlecht derer von Hege, nach deren Aussterben um 1300 dem Kloster Gei­senfeld. Der Ortsteil, der Weiler Dörtl (Dörflein) wird, wie der Ortsteil Ronnweg (Ronanweg, de Ronenweg ‑ Wege aus Holzprügeln im sumpfi­gen Gelände) ebenfalls bereits um 1200 ur­kundlich erwähnt. Das auch zur ehemaligen Gemeinde Hög gehörende Feilenmoos ist da­gegen eine Siedlung aus jüngster Zeit.

Langenbruck, schon um 1128 im Besitze des Geschlechtes der "Langenbrucke" (einst wurde hier die Straße Augsburg‑Regensburg über eine lange Brücke durch Sumpfgebiete geführt), zog in jüngerer Zeit seinen Nutzen aus der Lage an der Autobahnausfahrt gleichen Namens und schuf ein kleines Schulzentrum und förderte die Industrieansiedlung. Der Orts­teil Stöffel (ahd.: stophi ‑ Verkleinerungsform von hochragend und steil. Bezeichnung für Lage des Ortes am Fuße eines steilaufragenden Berges) war vor seiner Zerstörung im Drei­ßigjährigen Krieg größer als Langenbruck. Das besondere Wahrzeichen der Großgemeinde ist der Kastlberg mit St. Kastl und seiner gleich­namigen Wallfahrtskirche, am Tor zur Haller­tau". Als Bindeglied zwischen diesen Ortsteilen und dem Zentrum der Gesamtgemeinde Reichertshofen liegen, östlich des Industrie‑ und Gewerbegebietes "Reichertshofen‑Ost" drei Ortsteile aus der ehemaligen Gemeinde Win­den am Aign. Um 1200 erstmals urkundlich genannt, ist der Name dieses Ortsteiles 1276 "Winden auf dem acigen" und erinnert daran, dass ursprünglich die Siedlung von fremden, neuzugezogenen Siedlern gegründet wurde. Im heutigen Au am Aign (ouwa ‑ wasser­reiches Wald‑, Wiesen‑ und Weideland) lebte um 1223 ein Waldaufseher des klösterlichen Feilenforstes. Der Ortsteil Agelsberg (um 1200: Adelsperg) gewinnt ebenfalls als neues Wohn­siedlungsgebiet an Bedeutung im Bereich der Gesamtgemeinde: Markt Reichertshofen.

 

Postleitzahl: 85084

Lage:

38D 39'nördl. Breite

110 28' östl. Länge

Höhe über Meeresspiegel:

Ortsmitte 380,2 m

südl. Höhenzüge      420 m

St. Kastl 494,6 m       (höchste Erhebung)

Bevölkerung:

Einwohnerstand

1800            685

1840            712

1880            945

1900            1093

1925            1358

1950            2142

1960            2116

1970            2368

1972            4601

1983            5475

1999            7102

2005            7396

2016            8159

 

Fläche: 3617 ha

 

Gemarkung Reichertshofen 719 ha

übrige Ortsteile: Hög, 966, Langenbruck 366, Winden 639, Feilenforst 491, Gotteshofen 536.

 

Verkehrsverbindungen:

B 13‑300 München/Ingolstadt/Augsburg/Regensburg BAB München‑Nürnberg (Ausfahrt Langenbruck)

Eisenbahnlinie München/Treuchtlingen (Bahnhof Reichertshofen)

Omnibusverbindung Reichertshofen‑Ingolstadt und Reichertshofen‑Pfaffenhofen

Entfernungen: München, Augsburg und Regensburg je ca. 65 km, Nürnberg 105 km, 10 km n. Ingotstadt, n. Pfaffenhofen 18 km u. nach Neuburg/Donau u. Schrobenhausen 25 km.

 

Wappenbeschreibung Markt ‑ Wappen:

Das Wappen zeigt auf blauem Grund zwei silberne, abgewendete Reiherhälse mit roten Schnäbeln.

(Hupp: "Deutsche Ortswappen" ‑ Oberbayern Nr. 62)

Weitere Hinweise sind bis jetzt nicht über die Herkunft des Wappens gefunden worden.

Zunächst ist es lediglich das Siegelbild der seit 1449 siegelberechtigten Marktgemeinde. Die Bilder sind im Laufe der Zeit etwas unterschiedlich. Einmal findet sich um 1702 ein kreisrundes Siegel. Die Vogelköpfe weisen kürzere Hälse auf und befinden sich auf einem Schild das von zwei Zweigen umkränzt wird, und mit "M.R." (= Markt Reichertshofen) überschrieben ist.

Um 1721 ist das Siegel bereits ein hochgestelltes Oval und innerhalb der Umschriftung findet man die Inschrift: "Markt Reichertshofen". Die Vogelhälse zeigen die auch heute gültige Gestaltung.

 

Quelle: Chronik von Reichertshofen, Gerhard Krahn